Kinderschutz in der Kindertagespflege

(zuletzt geändert am 22.03.2023)

Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung (§ 1631 Abs. 2 BGB) und sind vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen (§ 1 Abs. 3 Nr.3 SGB VIII).

§ 8a SGB VIII konkretisiert diesen allgemeinen Schutzauftrag als Aufgabe der Jugendämter, verdeutlicht die Beteiligung der Träger von Einrichtungen und Diensten sowie der Kindertagespflegepersonen und beschreibt die Verantwortlichkeiten der beteiligten Fachkräfte.

Die fachlichen Empfehlungen des LJHA zur Umsetzung des Schutzauftrags nach § 8a SGB VIII definieren dafür Standards und Verfahrensabläufe, für das Handeln des Jugendamtes im Kinderschutz sowie die Zusammenarbeit mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten oder Personen, die Leistungen nach dem SGB VIII erbringen. Mit diesen sind Vereinbarungen abzuschließen die sicherstellen, dass die zur Erfüllung des Schutzauftrags erforderlichen Qualitätsstandards und Verfahren eingehalten werden. Vereinbarungen sind demzufolge erforderlich für Kindertagespflegepersonen (§ 8a Abs. 5 SGB VIII) und Träger der Jugendhilfe, die Kindertagespflegepersonen anstellen, sowie Träger, an die Aufgaben der Kindertagespflege wie Vermittlung, Beratung, Begleitung vom Jugendamt delegiert sind (§ 8a Abs. 4 SGB VIII). Das Abschließen der Vereinbarungen ist verpflichtend um die Sicherstellung des Schutzauftrages zu gewährleisten. Hierbei ist es erforderlich, dass vor allem Vereinbarungen zwischen Jugendämtern und Kindertagespflegepersonen nicht lediglich unterschrieben, sondern besprochen und ggf. individuelle Anpassungen vorgenommen werden.

Zentraler Faktor für einen gelingenden Kinderschutz ist bei eine in sich geschlossene Reaktionskette, deren wesentliche Elemente Wahrnehmen, Einschätzen, Urteilen und Handeln sind.
Die Pflicht zur Mitteilung von Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt ergibt sich für die Kindertagespflege aus den Voraussetzungen für die Erlaubnis zur Kindertagespflege gemäß § 43 SGB VIII im zweiten Abschnitt des dritten Kapitels des SGB VIII „Schutz von Kindern und Jugendlichen in Familienpflege und Einrichtungen“. In diesem wird dem Schutzgedanken durch die Definition von Mindeststandards, präventive Leistungen wie Qualifizierung, Beratung (auch zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt) sowie durch Eingriffsmöglichkeiten wie z. B. die Nichterteilung der Pflegeerlaubnis Rechnung getragen. Diese Bestimmung fordert außerdem, dass die Kindertagespflegeperson den Träger der öffentlichen Jugendhilfe über wichtige Ereignisse zu unterrichten hat, die für die Betreuung des oder der Kinder bedeutsam sind. Zu diesen Ereignissen zählen unter anderem die Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung, denen gemäß § 8a SGB VIII nachzugehen ist.
So haben die öffentlichen Träger der Jugendhilfe (Jugendämter) durch Vereinbarungen mit Kindertagespflegepersonen, die Leistungen nach dem SGB VIII erbringen, sicherzustellen, dass diese bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes eine Gefährdungseinschätzung vornehmen und dabei eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzuziehen.

Die Erziehungsberechtigten sowie das Kind sind in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird. In den Vereinbarungen sind die Kriterien für die Qualifikation der beratend hinzuzuziehenden insoweit erfahrenen Fachkraft zu regeln, die insbesondere auch den spezifischen Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Rechnung tragen. Daneben ist in die Vereinbarungen insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bzw. die Kindertagespflegepersonen bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.

Ergänzend dazu haben Kindertagespflegepersonen gem. § 8b Abs. 1 SGB VIII einen eigenen Beratungsanspruch durch eine insoweit erfahrene Fachkraft. Die Kindertagespflegeperson muss also immer darüber informiert sein, wer für sie als insoweit erfahrene Fachkraft zur Verfügung steht.

Kindertagespflegepersonen müssen vor Erteilung der Pflegeerlaubnis gem. § 72a SGB VIII ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Wenn andere im Haushalt lebende volljährige Personen während der Tagesbetreuungszeit regelmäßig anwesend sind, kann auch von diesen Personen ein erweitertes Führungszeugnis verlangt werden. Der bayerische Gesetzgeber hat in § 18 AVBayKiBiG (Ausführungsgesetz zum Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz) seine staatliche Förderung außerdem davon abhängig gemacht, dass die Kindertagespflegeperson sich schriftlich mit unangemeldeten Kontrollen einverstanden erklärt. Außerdem müssen sich Kindertagespflegepersonen bei der Aufnahme eines Kindes von den Eltern eine Bestätigung der Teilnahme des Kindes an der letzten fälligen altersentsprechenden Früherkennungsuntersuchung vorlegen lassen (Art. 9 Abs. 2 BayKiBiG).

Kindertagespflegepersonen benötigen für die Erfüllung ihrer Aufgabe grundlegende Kenntnisse in Entwicklungspsychologie, zu Risikofaktoren, Indikatoren, Ursachen und Erscheinungsformen von Kindeswohlgefährdung. Sie können Anzeichen für Gefährdung bei Kindern durch ihre Nähe zu Kindern und Eltern frühzeitig erkennen. Eine erste Risikoeinschätzung erfolgt jedoch immer gemeinsam mit der zuständigen Kindertagespflegefachkraft. Wenn in dieser kollegialen Beratung die Vermutung einer Kindeswohlgefährdung nicht ausgeräumt werden kann, ist eine insoweit erfahrene Fachkraft zur Qualifizierung der Gefährdungseinschätzung und ggf. zur Beratung der weiteren Schritte hinzuzuziehen. Die Fallverantwortung bzw. die Entscheidung bezüglich weiterer Schritte, wie beispielsweise die der Unterrichtung des Jugendamtes, trägt die Kindertagespflegefachkraft.

Das Jugendamt hat dafür Sorge zu tragen, dass sich die Kindertagespflegepersonen im Rahmen der Qualifizierung die erforderlichen Kenntnisse aneignen können und über das Verfahren sowie die Unterstützungssysteme informiert sind. Letzteres gilt auch für die Erziehungsberechtigten des Tagespflegekindes wenn es darum geht, Anhaltspunkte für die Kindeswohlgefährdung durch die Kindertagespflegeperson festzustellen.

Fachliche Empfehlungen zur Umsetzung des Schutzauftrags nach § 8a SGB VIII finden Sie beim Bayerischen Landesjugendamt.

Jörg Maiwald, DJI: Schutz vor Kindeswohlgefährdung in der Kindertagespflege

Autor: BLJA

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