Muss das Jugendamt die Kosten für ein über dreijähriges Kind in Tagespflege übernehmen, auch wenn ein Kindergartenplatz zur Verfügung steht und haben Eltern hier einen Anspruch auf Kostenübernahme nach § 90 SGB VIII?

(zuletzt geändert am 18.01.2024)

Die Auslegung der hier einschlägigen §§ 24, 90 SGB VIII ist nicht unstrittig.

Kinder haben einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr bis zur Einschulung.

Bei Kindern U3 kann der verpflichtete Träger der öffentlichen Jugendhilfe (TröJH) zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Platz in einer Kindertageseinrichtung oder in der Tagespflege verweisen.

Bei Kindern Ü3 kann der Rechtsanspruch nach § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII nur durch einen Platz in einer Tageseinrichtung erfüllt werden. Eltern können hier nicht grundsätzlich auf einen Tagespflegeplatz verwiesen werden. Lediglich als Ergänzungsangebot bzw. bei besonderer Bedarfslage, z.B. in Randzeiten, kann der TröJH -gegen den Wunsch der Eltern- leistungsbefreiend auch auf Kindertagespflege verweisen.

Davon zu unterscheiden ist der Sachverhalt, dass Eltern ihr Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres (weiterhin) in Kindertagespflege betreut wissen wollen und nicht auf einen Einrichtungsplatz bestehen.
Nach der Rechtsauffassung des StMAS ist das ihr gutes Recht und wird vom Wunsch- und Wahlrecht nach § 5 SGB VIII abgedeckt.

Es kommt für die Kostenübernahme nach § 90 SGB VIII nicht darauf an, dass Kindertagespflege im Bereich der drei bis sechsjährigen Kinder unstrittig nicht den Rechtsanspruch erfüllt.
§ 90 SGB VIII spricht von Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern. Tagespflege ist ein solches Angebot und zwar uneingeschränkt auch bei Vorschulkindern und Schulkindern. Andernfalls würde § 90 SGB VIII z.B. für Horte bzw. Schulkinder nicht gelten.
Das Wunsch- und Wahlrecht wird somit durch § 24 Abs. 3 SGB VIII nicht eingeschränkt. (a.A. BLJA, dieses sieht einen Anspruch nur bei besonders begründetem Bedarf).

Wenn Eltern also die Betreuung in Kindertagespflege für ihr Ü3 Kind fortsetzen wollen bzw. wünschen und ein Platz bei der Tagespflegeperson vorhanden ist, kann der TröJH die Kostenübernahme nicht mit Verweis auf § 24 SGB VIII verweigern.
Dies wäre nur möglich, wenn die Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts mit „unverhältnismäßigen Mehrkosten“ verbunden wäre. Dies dürfte in Bayern regelmäßig nicht der Fall sein, weil öffentliche Leistungen auch in einer Kindertageseinrichtung anfallen.

Autor: StMAS

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